Bewegen
Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 94/2018
Ausgangslage
Nach wie vor sind unsere Plätze und vor allem die Straßenräume überwiegend vom Auto dominiert. Nur selten gibt es glückliche Zufälle, wo hiervon abgewichen wird. Unter diesen Voraussetzungen tut sich die Förderung des Fuß- und Radverkehrs schwer.
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Warum wir in Saarbrücken die faire »Dankbar« (-Zone) einführen
Der Cora-Eppstein-Platz ist die Anlaufstelle von FUSS e.V. im Saarland.
Spielraum für ein wertschätzendes Miteinander beim Kulturstadtfest.
https://saarland-nachhaltig.de/event/saarbruecken-kulturstadtfest-faire-dankbar-zone/
- https://www.bund-saar.de/fileadmin/user_upload/Landesverband_Saar/Umweltmagazin/2018/Umags_03_2018/34-35.pdf
- Wie die Geh-Lobby für umweltfreundliche, gesunde und sichere
Mobilität kämpft
Saar-Verkehr auf die Füße stellen!
Im Saarland fahren noch mehr Leute als im übrigen Deutschland Auto; der Fußverkehr
hat einen kläglich geringen Anteil. Das will der FUSS e.V. ändern, die Lobby fürs Gehen. Er
geht mit Kindern und Erwachsenen, prangert Hindernisse und Gefahren an und nutzt ein
bundesweites Netzwerk von Experten und Erfahrungen. Momentan beschäftigt er sich mit
Schul- und Alltagswegen besonders in Saarbrücken, mit dem Verkehrs-Entwicklungsplan
– und am liebsten natürlich mit dem Spaß, der Gesundheit und den Umwelterlebnissen,
die das Gehen mit sich bringt.
N ach der aktuellen Studie „Mobilität in Deutsch-
land“ ist das Saarland das einzige Bundesland,
in dem die Mehrzahl aller Wege noch hinterm
Steuer zurückgelegt werden. Für 55 Prozent aller Wege,
in ganz Deutschland 43 Prozent, steigen wir ins Auto.
Beim Fußverkehr sind wir an vorletzter Stelle: Nur 19
Prozent aller Wege werden bei uns komplett gelaufen.
Nur in Niedersachsen sind es noch etwas weniger.
G ehen bedeutet Umweltschutz und Umwelt-Wahrneh-
mung, es fördert die Gesundheit und Lebensfreude.
Durch den Autoverkehr gelangen pro Kopf in Deutschland
jährlich 1.400 Kilogramm CO2 in die Erdatmosphäre. Der
Fuß- und Radverkehr trägt zum Klimawandel pro Kopf
und Jahr nur etwa 1 Kilogramm CO2 bei. Das Gehen
hinterlässt fast keinen ökologischen „Fußabdruck“, der
eigentlich nicht Fuß-, sondern Reifenabdruck heißen
müsste. Beim Gehen wertschätzen wir uns und Mutter
Natur besonders innig.
G ehen macht nicht zuletzt am meisten Spaß, wie
„Mobilität in Deutschland“ ermittelt hat. Unter
Fußgängern sagt ein größerer Anteil „Ich gehe gern“
als unter Fahrrad-, Bus-, Bahn- und Autobenutzern „Ich
fahre gern“. Und das, obwohl beim Gehen am meisten
im Argen liegt: In der Verkehrs- und Stadtplanung sind
Fußgänger „am Ende der Nahrungskette“. Wir bekom-
men den schmalen Saum am Rand, und der wird auch
noch durch Auto, Fahrräder, Caféstühle, Schaltkästen
und vieles mehr eingeengt. Nach den Richtlinien der
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen,
die den „Stand der Technik“ darstellen, muss ein Gehweg
mindestens 2,50 Meter breit sein, damit auch Leute mit
Kinderwagen, mit Einkaufstaschen oder in Rollstühlen gut
aneinander vorbei kommen und weder an der Hauswand
noch an der Borsteinkante entlang schrammen müssen.
Äußerst selten wird im Saarland dieser Mindeststandard
erreicht.
G ehwege sind auch die sozialsten Verkehrswege:
Ärmere, Kinder und Alte, auch Frauen mit ihren oft
geringeren Einkommen als Männer gehen am häufigsten
zu Fuß. Gehen ist aber auch eine Form von Luxus. Wir
alle gehen gerne in unserer Freizeit spazieren. Gehen ist
unsere Basismobilität.
N icht zuletzt ist Gehen das wichtigste Alltagsmittel
zur Umweltwahrnehmung: Wir spüren Wetter und
Jahreszeit Schritt für Schritt, sehen Pflanzen und hören
Vögel. Wir werden aber auch besonders sensibel gegen
Umweltbelastungen – verschmutzte Luft, Lärm, mono-
tone und lebensfeindliche Asphalt- und Beton-Areale.
Wir sind behindert und gefährdet durch Raserei und
geparktes Blech auf unseren Wegen und Überwegen.
Und Gehen ist eine Gefahr – für die meisten Krankheiten.
Mehr als genügend Gründe also, um uns für mehr und
besseren Fußverkehr zu engagieren. Dazu gibt es
den bundesweiten Verein FUSS e.V., der in Berlin Lobby-,
Medien- und Organisationsarbeit macht und, ein paar
Fußlängen vom St. Johanner Markt entfernt, im Herzen
der Stadt Saarbrücken seinen Ausgangspunkt für das
Saarland hat – gut vernetzt mit anderen Engagierten
und nicht zuletzt mitten im Fuß-Gewusel der barfüßigen
Kinder, die den Brunnen am Haus der Umwelt so wun-
derbar beleben.
Wir gehen mit den Kindern und kümmern uns um ihre
Wege. Sie sollen zur Schule sicher und möglichst
unabhängig von den Eltern laufen. Dafür helfen wir den
Eltern bei Schulwege-Checks und machen selbst auf
Missstände aufmerksam. Wo Eltern ihr Kind noch nicht
allein gehen lassen wollen, gehen Kinder gemeinsam –
in einem Laufbus. Sie treffen sich an fest verabredeten
„Haltestellen“. Erwachsene begleiten die Laufgemein-
schaft auf dem Weg zur Schule. Ziel ist, dass sich alle
mobil, gesund und ausgewogen entwickeln können
und sich im Laufe der Zeit selbstständig und sicher im
Straßenraum bewegen können. Und natürlich, dass es
nicht mehr das Elend der „Elterntaxis“ vor der Schule
gibt – Kinder festsitzend angeschnallt, manchmal nur
für ein paar hundert Meter chauffiert, Blech-Gedrängel,
Gehupe. Der Wahnsinn: Die Kinder der Elterntaxis sind
besonders gefährdet.
Rennstrecke in Monaco. Nur Füße können rennen!
Foto: Volker Wieland
Umweltmagazin Saar 3/2018 35
ServiceAuch Erwachsene könnten weit mehr gehen. Nehmen
wir nur die Stadt Saarbrücken: Ein Drittel der Men-
schen lebt höchstens zwei Kilometer von der Innenstadt
entfernt und könnten hier fast alles zu Fuß erreichen, was
man im Alltag braucht. Das ginge auch für viele Leute
der Vororte: Kürzer als zwei Kilometer sind 34 Prozent
sämtlicher Wege in Saarbrücken. Das Traurige ist, dass
von diesen kurzen Wegen immer noch 36 Prozent im
Auto gefahren werden. Oft brummt der SUV nur um die
Ecke zum Supermarkt oder zum Briefkasten.
Der Verkehrsentwicklungsplan (VEP 2030) geht in die
richtige Richtung. Viel von dem, was wir brauchen und
wollen, kommt hier vor. Oft sind das ziemlich technisch-
nüchterne, aber sehr nötige Dinge: eine Bestandsanalyse
des gesamten Fußwegenetzes mit Mängelkatalog (er wird
sehr lang werden!). Tausend Einzel-Verbesserungen,
neue Wege und schöne Flanierrouten zwischen Stadttei-
len und dem Zentrum. Ein besonderes Augenmerk auf
die für Saarbrücken typischen Treppen, die großartige
Landschaftserlebnisse und kleine Fitnessübungen bieten.
Ebenso für die innenstadttypischen Kolonnaden, die
heute oft ziemlich lieblos und heruntergekommen sind.
E inig sind wir uns mit der Stadt in der Analyse, aber
nicht ganz in der Konsequenz: „Die großen Verkehrs-
achsen insbesondere in Form der Autobahnen und Schie-
nentrassen sowie die Saar zerschneiden die Stadtstruktur
und führen zu Umwegen. Zur Überwindung dieser Bar-
rieren kommen vor allem Unter- und Überführungen in
Frage.“ Klar: Am Fluss oder an der Bahn geht das nicht
anders. Aber es bedeutet allzu oft unangenehme Tunnel
oder Brücken mit Stufen oder steile Rampen, also Mobi-
litätsbarrieren. Gerade an Straßen fordern wir deshalb
rigorose Eingriffe zugunsten der umweltfreundlichen,
schwächeren und heute noch benachteiligten Verkehrs-
teilnehmer. Tempo 30 muss zur Regel in der Stadt wer-
den. Wir brauchen viel mehr Zebrastreifen, übersichtliche
Kreuzungen und Fahrbahn-Querungen. Wir fordern
rasches Grün an Ampeln, und ausreichend langes auch
für Kinder, Senioren und weniger mobile Menschen. An
großen Kreuzungen brauchen
wir Rumdum-Grün, so dass
man nie über zwei Straßen
muss, sondern auch diagonal
über die Straßen gehen kann.
Der Plan der Stadt enthält
viele gute Ideen. Zum Bei-
spiel das Mehr-Sinne-Prinzip:
Der Straßenraum sollte immer
mit dem Auge und zugleich
dem Tastsinn oder dem Ohr
erfasst werden können – am
besten mit allen Sinnen. So
können wir alle den Stra-
ßenraum als sozialen Räume
nutzen – unabhängig von indi-
viduellen Behinderungen. Die
Stadt denkt an „Sitzrouten“,
wo vor allem Senioren sich
alle hundert Meter über Bän-
ke, Sitzwürfel oder besetzbare
Spielgeräte freuen würden.
Und sie denkt an „Spielrouten“
auf jetzigen und künftigen All-
tagswegen der Kinder.
Woran es hapert, ist die rasche, konsequente Umset-
zung. Saarbrücken wird seit mindestens 70 Jahren
autogerecht geplant. Wer das umweltschädliche, raum-
fressende, für alle gefährliche körperfeindliche Verkehrs-
mittel benutzt, hat immer noch die meisten Vorrechte
und den meisten Platz im Straßenraum. Hier müssen die
Verhältnisse des geräderten Menschen radikal auf die
Füße gestellt werden. Das bedarf einigen Mutes gegen
die Automobil- und Autofahrerlobby. Wir unterstützen
das aber gern. Wenn es sein muss auch laut.
Manche wichtigen
Regeln und Entschei-
dungen können aber
nicht in der Stadt
festgesetzt und getroffen werden. Motorisierter Verkehr
muss langsamer werden. Darum Tempo 30 als Regel
für alle Städte. Auch das Bußgeld gehört umgedreht:
Heute kostet es viel mehr, in der Straßenbahn schwarz
zu fahren als in der Stadt 10 oder 20 Stundenkilometer
zu schnell zu fahren, mit dem Auto den Gehweg oder
die Kreuzung zu blockieren oder mit dem Fahrrad Leute
auf dem Gehweg zu erschrecken. Auch das muss sich
umdrehen.
Unsere Vision ist ein Saarbrücken und ein ganzes
Saarland, in dem wir alle unkompliziert, sicher,
günstig und mit wenig oder am besten keinem Schaden
für die Umwelt gehen können. Das geht nur mit vielen
kleinen Schritten. Schritt für Schritt mit tausenden Ein-
zelprojekten.
Unsere Bitte: Leute, lasst uns mehr gehen! Entdeckt und
erkundet, lernt die Orte zu Fuß kennen. Haltet die Augen
offen und werdet aktiv, wo schlechte Wege und falsche
Planung heute noch das Gehen behindern. Zu Fuß geht
es einfach und direkt, uns selbst wahrzunehmen und die
Umwelt und unsere Natur im Zentrum wertzuschätzen.
Aber vor allem: Genießt es einfach, gut zu Fuß zu sein.
Volker Wieland und Roland Stimpel
Rasendes Fortbewegen geht zu Lasten der Umwelt.
Natürliches Bewegen geht mit der Natur einher.
Die Wilhelm-Heinrich-Brücke ist selbst nach dem Umbau in der Hand des geräderten Menschen.
Straßenraum für alle. Mehr Zugang zur Basismobilität. Gehen baut soziale Brücken.
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Gehen ist zeitloser Fortschritt
Das Gehen fristet oft noch ein stiefmütterliches Dasein. Diese Frist läuft langsam ab. Denn Vol-
ker Wieland vom Fachverband für Fußverkehr
Deutschland (FUSS e.V.) belebt öffentliche Räume.
Menschen, die von Natur aus gerne zu Fuß unterwegs
sind, treff en sich im Herzen von Saarbrücken rund um
den Brunnen am Cora-Eppstein-Platz und spielen und
verweilen zunehmend barfuß.
„Zu Fuß gehen ist die natürlichste und ökologischste
Form der Fortbewegung des Menschen und erlaubt
gleichzeitig die eindrücklichste Sinneserfahrung der
Natur“. Was Jonas Heintz, ein 29-jähriger angehender
Umwelt-Betriebswirt postuliert, dürfen fast alle Menschen
erfahren. Wir erblicken das Licht dieser Welt und sofort
geht es darum, so schnell wie möglich auf die Beine zu
kommen. Als Kinder entwickeln wir uns spielend leicht,
wenn uns Spielräume und Anreize geboten werden und
wir Grenzen erfahren dürfen. Nur so lernen wir das Lau-
fen, um dann möglichst lange selbstbestimmt zu leben.
Doch irgendwann läuft buchstäblich einiges schief. Denn
Gehen steht dem natürlichen und bis zu einem gewis-
sen Grad überlebenswichtigen Drang „höher-schneller-
weiter“ entgegen.
Feuerwerk in Slowmotion
Sobald das Gehen nicht mehr (schnell) genug ist und
Mensch es sich leisten kann, sich rasant zu beschleuni-
gen, entfremden wir (uns) selbst. Wir verlieren zuneh-
mend den Kontakt zu Mutter Erde – zu unserer eigenen
Natur. Durch die zurückgehende Eigenbewegung beginnt
eine Hetzjagd, denn ab diesem Zeit-
punkt „läuft“ Mensch im Hamsterrad.
Vereinzelt fahren deshalb Menschen
mit dem Auto, um auf einem Laufband
zu trainieren. Selbst auf dem Fahrrad
ist Mensch gerädert und beschleunigt sich, weil ihm die
Zeit davonläuft. Warum warten wir, bis zwangsläufig
nichts mehr geht? Ein Perspektiv-
wechsel geht nicht mit eingefahrenen
Gedankengängen einher. Wir könnten
das Gehen im Spannungsfeld von
Muße, Phantasie und Denkerkunst
sehen. Wie geht das?
Sonnenaufgang – Mit der Sonne gehen
Lasst uns Menschenkinder ermutigen, indem wir
als Erwachsene Beispiel geben,
es lieben, täglich zu Fuß unterwegs zu sein,
Vorfreude für das Gehen erzeugen,
den Fußverkehr in den Mittelpunkt stellen,
den Straßenraum für alle gestalten.
Kinder müssen nicht dazu animiert werden, zu Fuß zu
gehen. Eigentlich bremsen wir Erwachsene unsere Kinder
aus, weil wir sie unnatürlich beschleunigen.
Gehen – zeitloser Fortschritt
Dein Sonnenaufgang mit FUSS e.V.
www.saarbruecken-zu-fuss.de
Volker Wieland